Hegemonie oder Untergang by Noam Chomsky

Hegemonie oder Untergang by Noam Chomsky

Autor:Noam Chomsky [Chomsky, Noam]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Nomen
veröffentlicht: 2016-12-07T16:00:00+00:00


Befreiung von der Tyrannei: Konstruktive Lösungen

Auch wenn die »wilden Flügelstürmer« nicht glauben, daß Washington auf einmal um Demokratie und Menschenrechte im Irak bemüht ist, sollten sie von ihrem eigenen Engagement für diese Ziele nicht ablassen und, soweit möglich, ihren Einfluß in dieser Richtung geltend machen.

Im Hinblick auf den Irak gab es immer gute Gründe, jenen Experten Gehör zu schenken, die eine »konstruktive Lösung« für den Regimewechsel darin sahen, »die Wirtschaftssanktionen aufzuheben, die die Gesellschaft verarmen ließen, die Mittelschichten dezimierten und jede Möglichkeit zur Herausbildung einer alternativen politischen Führung eliminierten«, statt dessen aber »das gegenwärtige Regime stärkten«, meint Hans von Sponeck. »Ich glaube, wenn die Iraker ihre Wirtschaft und Lebensweise wieder nach ihren Vorstellungen gestalten könnten, würden sie sich um eine ihnen und ihrem Land zuträgliche Regierungsform kümmern«, fügt Denis Halliday hinzu.66

Waren das nur Illusionen? Ein Blick in die Geschichte belehrt uns eines besseren. Viele Diktatoren, die von den gegenwärtigen US-Machtinhabern bis zum Ende ihrer blutigen Herrschaft gestützt wurden, mußten dem Druck der eigenen Bevölkerung weichen. Der Sturz Ceausescus ist, wie bereits erörtert, dafür ein besonders lehrreiches Beispiel.

Als sich im Lauf des Jahrs 2000 die Einstellung der US-Regierung zum Irak veränderte, erklärten diejenigen, die Saddam Husseins brutales Regime zwanzig Jahre lang gefördert hatten, es sei nun rechtens und an der Zeit, die Demokratie mit Gewalt herbeizuführen. Angesichts ihrer Vorliebe für Diktaturen aller Art und ihrer im Vorfeld des Irakkriegs mit wünschenswerter Deutlichkeit demonstrierten Verachtung für demokratische Umgangsformen waren solche Absichtserklärungen eigentlich nicht besonders glaubwürdig, auch wenn in den USA keine weiteren kritischen Fragen gestellt wurden. Davon abgesehen jedoch kann die Anwendung von Gewalt nur dann ernsthaft erwogen werden, wenn konstruktive Lösungen sich als nicht gangbar erwiesen haben. Im Falle des Irak wurden sie allerdings nicht einmal in Erwägung gezogen. In Abwandlung der Äußerung von Lisa Marlowe ließe sich sagen: Wenn das Modell für eine hegemoniale Supermacht so aussieht, dann sei der Himmel uns gnädig.

Spätestens seit der Regierungszeit von Reagan und Bush sen. hatte Washington Saddam Hussein auf diese oder jene Weise unterstützt. Als er mit der Invasion von Kuweit 1990 die erlaubten Grenzen überschritt, änderten sich die Politik und die Vorwände, unter denen sie betrieben wurde, aber ein Element blieb konstant: Wer immer den Irak kontrolliert, die eigene Bevölkerung darf es nicht sein. Dem Tyrannen wurde, um es noch einmal zu sagen, erlaubt, die Aufstände des Jahres 1991 zu unterdrücken, weil Washington, wie wir hörten, eine Militärjunta brauchte, die das Land mit »eiserner Faust« regieren würde und für den Fall mangelnder Alternativen Saddam diese Aufgabe auch weiterhin übernehmen müßte. Die Rebellen scheiterten, weil »ihr Sieg außerhalb des Irak« – d. h. von Washington und seinen Verbündeten vor Ort – »nicht erwünscht war«, denn Saddam konnte »ungeachtet aller seiner Sünden dem Westen und der Region größere Hoffnung auf die Stabilität seines Landes machen als jene, die unter seiner Repression zu leiden hatten«. Es ist schon beeindruckend, daß die schockierten Kommentare und Berichte über die Entdeckung der Massengräber, in denen die Opfer von Saddams mit Billigung der USA durchgeführten Terrorpolitik beerdigt worden waren,



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